von Sabine Neugebauer
Eine freie, der Phantasie viel Platz lassende Methode für intuitive Entscheidungen bietet Mentoren-Modell, das aus dem NLP stammt. Der Beratungsklient bittet sein Unbewusstes dreimal um unterstützende Botschaften und bleibt dabei offen, was von wem und in welcher Form mitgeteilt wird.
Das kann durchaus überraschende Formen annehmen. Aber egal: es muss weder nachvollziehbar noch irgendwie vernünftig sein, denn das Unbewusste teilt sich in sehr individuellen Botschaften mit. Wichtig ist allein, dass der Beratungsklient ein Gefühl dafür spürt, was die Botschaft für ihn beeinhaltet.
Innere Mentoren stellen die unbewusste Erfahrung zur Verfügung
Der Beratungsklient kann die verschiedenen Perspektiven am besten trennen, wenn sie durch unterschiedliche Positionen auf dem Boden markiert werden, beispielsweise mit Kärtchen. Zunächst stellt er sich auf die Position "Entscheidungsfrage" und vergegenwärtigt sich sein Thema. Dann formuliert er die Frage, zu der er sich hilfreiche Botschaften wünscht, und bittet sein unbewusstes Erfahrungswissen, einen konkreten Mentor als weisen Lernbegleiter zur Verfügung zu stellen.
Menschen, Märchenfiguren, Filmhelden, Tiere, Gegenstände
Doch ein solcher Mentor muss kein konkreter Mensch sein. Es können auch Personen aus früheren Zeiten, Figuren aus Märchen, Filmen und Büchern, Tiere, Pflanzen, Gegenstände oder auch abstrakte Qualitäten wie Werte oder Farben sein. Das Unbewusste wird die "Form" schon auswählen, die zu der Botschaft passt.
Sehen wir uns ein Beispiel an, was sich so ähnlich in einer Beratung zugetragen hat.
Harry fühlt sich schon seit längerem von seinem Chef ungerecht behandelt. Er traut sich an ein Konfliktgespräch nicht heran, obwohl er sich das immer wieder vornimmt. Soll er den Frust einfach so hinnehmen? Oder vielleicht eine neue Stelle suchen? Er möchte in dieser ärgerlichen Situation endlich einmal weiterkommen. Als Entscheidungfrage formuliert er: "Wie soll ich mit der ungerechten Behandlung durch meinen Vorgesetzten umgehen?"
Der Vater
Als erster Mentor erscheint sein Vater vor seinem inneren Auge. Ich schreibe ein Kärtchen "Vater" und lasse Harry dafür einen Platz im Raum finden. Dann soll er sich auf das Kärtchen stellen und "der Vater sein", d.h. er soll die Haltung annehmen und aus den Augen des Vaters quasi auf den Harry schauen, der von seinem Chef ungerecht behandelt wird. "Wie soll er damit umgehen?", frage ich an Harry's statt. "Lass dich nicht unterkriegen", sagt der Harry-Vater spontan.
Nun soll Harry sich wieder auf den Platz seiner Entscheidungsfrage stellen und ich spreche die Botschaft des Vaters für ihn aus. Harry soll sich darauf konzentrieren, was das bei ihm bewirkt. Er schaut ernst und erinnert sich, wie sein Vater ihn als Kind ermuntert hat, sich gegen die Nachbarsjungen zu wehren.
Die Quietsche-Ente
Wir wiederholen das für den zweiten Mentor. Da fängt Harry an zu lachen. Er kriegt das Bild einer gelben Badeente nicht aus dem Kopf, wie in dem bekannten Loriot-Sketch mit den
Herren im Bad. Ich bitte ihn, seinen Mentor nicht auszulachen. "Welchen Rat hast du für Harry?", frage ich die Ente. "Streiten kann auch lustig sein" .
Als Harry wieder auf seinem Platz steht und diese Botschaft noch einmal hört, merkt er, wie verbissen und humorlos er die Situation im Büro sieht. Und wie locker es wäre, wenn es sich vorstellt, er säße mit seinem Chef in einer Badewanne!
Yoda
Als dritter Mentor erscheint Yoda aus den Star-Wars-Filmen. Harry schließt die Augen und sagt: "Viel zu lernen du noch hast."
Als Coach muss ich an dieser Stelle manchmal eine innere Unruhe bekämpfen: Wie ist der Rat dieser Botschaften bloß zu verstehen? Doch das ist nicht meine Aufgabe. Die Klienten verstehen die Bilder und Worte ihres Unbewussten meist sehr gut!
So war es auch bei Harry. Die Abschlussübung beinhaltet, dass er sich auf seinen eigenen Platz stellt und ich in Vertretung seiner Mentoren die drei Botschaften noch einmal ausspreche: "Lass dich nicht unterkriegen". "Streiten kann auch lustig sein". "Viel zu lernen du noch hast".
Harrys Gesicht ist zunächst ernst, er guckt auf den Boden. Dann nickt er leicht und ein Lächeln huscht über seine Lippen. "Alles klar", sagt er dann, und guckt mich an. "Und zwar...?" Frage ich. "Also, ich werde den Konflikt ansprechen. Aber mit Humor. Und dann, naja, vielleicht kann ich vorerst nichts ändern. Aber ich werde daraus lernen! Ja, ich will lernen, meine Interessen zu vertreten, das hilft mir auch in anderen Bereichen."
Viele Entscheidungen sind in der Tat schwer, denn die Alternativen beinhalten Chancen wie auch Risiken. Die persönlichen Erfahrungen und Werte sind dann die angemessene Richtschnur, was ein Mensch in Kauf nehmen sollte und was nicht. Das Mentoren-Modell als sehr freie Methode bietet einen weiten Raum, in dem sich individuelle Einsichten mitteilen können.