von Sabine Neugebauer
Je fester wir daran glauben, eine Entscheidung auch erfolgreich umsetzen zu können, desto mehr sind wir motiviert, strengen uns an... und schaffen es schließlich. Lesen Sie, wie Sie diesen positiven Kreislauf für sich nutzen können!
Wonach schätzen wir die Erfolgserwartung ein? Logischerweise sollten das
- die tatsächliche Schwierigkeit der Umsetzung, sowie
- unsere Erfahrung mit ähnlichen Situationen sein.
Doch wie ich im vorigen Blogbeitrag beschrieben habe, kommen eine Reihe anderer Faktoren dazu, z. B. schlechte Beispiele im Umfeld oder ein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl, die eher subjektive Einflüsse darstellen. Diese können uns runterziehen, ohne dass sie objektiv unsere Chancen mindern. Deshalb rate ich: Bauen Sie aktiv vor! Sorgen Sie dafür, dass Sie eine stabile positive Erwartung haben.
Die Entscheidung ist schaffbar, weil...
Finden Sie objektive Stützen für den Glauben an Ihre Entscheidung. Diese Fragen helfen:
- Wo habe ich es schon einmal etwas Ähnliches geschafft?
- Wer könnte mir ein positives Beispiel sein?
- Welche Fähigkeiten habe ich, die mir helfen können?
- Wie kann ich mich daran erinnern, dass ich Probleme lösen kann?
- Wo kann ich mir in meinem Umfeld Unterstützung organisieren?
Um anschaulich zu machen, wie bestimmte Gedanken die Einschätzung verändern, arbeite ich gerne mit Prozentschätzungen. Der Klient gibt die gefühlte Wahrscheinlichkeit an, dass er
die Entscheidung umsetzen kann. Und nach jeder Gedankenübung einen neuen Prozentwert. So kann er bemerken, wie hilfreich es ist, sich gezielt an die optimistischen Faktoren zu
erinnern.
Stellen Sie sich als Fallbeispiel die Studentin Gina vor. Sie hatte im Bachelor Italienisch und Spanisch studiert. Das fiel ihr leicht, weil sie einen italienischen Familienhintergrund hatte. Es machte Spaß und der Erfolg war selbstverständlich.
Bei der Entscheidung für einen Masterstudiengang wurde ihr klar, dass sie mit einem reinen Sprachenstudium nur begrenzte Berufschancen hatte. In der Folge entschied sie sich um und machte im Lehramtsstudium weiter. Doch die neu hinzugekommenen Pflichtkurse zu Bildungswissenschaft und Sprachdidaktik hatten es in sich: langweilig und unverständlich. Ginas Noten fielen ab. Hatte sie sich falsch entschieden?
Erfolgseinschätzung: "Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie den Master of Education mit Italienisch und Spanisch schaffen?" In Anbetracht der schlechten Noten und einer durchgefallenen Klausur schätzte Gina 30%.
Eigene Erfolge erinnern
Wo hatte Gina schon einmal etwas geschafft, was ihr sehr schwer erschien? In den letzten Jahren war alles leichtgefallen, aber in ihrer Kindheit, da gab es ein gutes Beispiel. Als ihre Familie nach Deutschland kam, war sie erst 7 Jahre und konnte kein Wort Deutsch. Wie schwer war der Anfang! Und im Abi hatte sie dann eine Zwei. Könnte es mit dem Studienwechsel nicht ähnlich laufen? Gina spürte in sich hinein und erhöhte ihre Erfolgsschätzung auf 50%.
Beispiele von anderen
Da fiel Gina sofort jemand ein: ihre Mutter. Sie hatte konsequent Deutsch gelernt und noch eine neue Ausbildung gemacht. Gina erhöhte ihre gefühlte Erfolgserwartung auf 60%.
Eigene Stärken bewusst machen
Welche Fähigkeiten hatte Gina, die im Kontext des neuen Studiums nützlich waren? Da führte sie ihre schnelle Auffassungsgabe an. Außerdem konnte sie gut in Arbeitsgruppen
arbeiten. Im neuen Studiengang war das bisher nicht zum Tragen gekommen, weil sie die Kommilitonen noch nicht kannte. Aber wenn sie das änderte? Sie erhöhte ihre Schätzung auf 65%.
Erfahrungen mit Problemlösung
Wo hatte Gina schon einmal eine richtig dicke Nuss geknackt? Sie dachte gleich an die Zimmersuche. An Anfang des Semesters, wie so viele andere Studierende auch, mit wenig Budget und neu in der Stadt. Sie hatte viele Suchwege geschickt kombiniert, von Internetportalen über Fragen im Bekanntenkreis und in Seminaren bis hin zu lustigen Aushangzetteln in kleinen Läden. Das war doch viel schwieriger als das neue Studium, und sie hatte es schnell geschafft. 70%!
Unterstützung aus dem Umfeld
Wie könnte Gina sich soziale Unterstützung organisieren? Schließlich war sie bestimmt nicht alleine mit der Problematik. Sie dachte an Carla, eine Kommilitonin, mit der sie in einer Arbeitsgruppe zusammen war. Zu ihr hatte sie Vertrauen und wollte sie fragen, ob sie sich gemeinsam auf Prüfungen vorbereiten könnten.
Den Erfolg ihrer Entscheidung, ins Lehramtsstudium zu wechseln, schätzte sie weiterhin mit70% ein. Weshalb hatte sie das eben so pessimistisch gesehen?
Psychische Wirkfaktoren der Erfolgserwartung
Vielleicht fragen Sie sich, was so eine verbesserte Erfolgserwartung bewirkt. Das kann die Psychologie klar aufzeigen. Wenn wir an eine Entscheidung glauben, dann verbessern sich drei Wirkfaktoren:
- Anstrengung
- Ausdauer
- Aufgabenspezifische Pläne
Wenn wir an einen Erfolg glauben, dann strengen wir uns mehr an, weil es sich ja lohnt. Wir halten auch bei Widrigkeiten länger durch und werfen nicht gleich die Flinte ins Korn. Außerdem gehen wir, insbesondere bei komplexeren Entscheidungen, mit mehr Vorüberlegungen an die Sache heran.
Gina fiel auf, wieviel Ideen sie bei der Zimmersuche gehabt hatte. Wenn sie so kreativ auch an die schwierigen neuen Fächer heranginge...?
Einen Fallstrick gilt es zu vermeiden: Wir sollten uns nicht vorstellen, das Ziel schon erreicht zu haben! Das stimmt zwar auch sehr optimistisch, aber - Sie ahnen es! - Anstrengung, Ausdauer und Pläne schmieden werden dann nicht gefördert. Diese Willensprozesse werden gebraucht.
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